Photovoltaik wirkt magisch: Licht fällt auf Silizium, und schon fließt Strom. Dahinter steckt kein Zauber, sondern eine dünne Grenzschicht im Kristall, der sogenannte pn-Übergang. In dieser Schicht entsteht ein eingebautes elektrisches Feld. Trifft Licht auf die Zelle, entstehen „Pärchen“ aus freien Elektronen und ihren positiv geladenen Partnern, den sogenannten Löchern. Das Feld trennt die beiden effizient und schickt sie in entgegengesetzte Richtungen – so entsteht nutzbarer Gleichstrom.
Der pn-Übergang: die physikalische Basis, kurz und klar
In Silizium kann man zwei „Seiten“ erzeugen: eine mit Elektronenüberschuss (n-Typ) und eine mit Elektronenmangel, also vielen „Löchern“ (p-Typ). Treffen beide aufeinander, bildet sich eine Sperrschicht. Diese Zone wirkt wie eine Sortieranlage: Elektronen werden auf die n-Seite gedrückt, Löcher auf die p-Seite. Kommt Licht, entstehen Elektron-Loch-Paare im Kristall; die Sortieranlage trennt sie sauber. Entscheidend ist, wie ruhig (passiviert) die Oberflächen sind und wie selektiv die Kontakte Strom „einlassen“ – idealerweise nur die richtige Ladungsart.
Alles, was moderne Zelltechnologien tun, um Solarmodule effizienter zu gestalten, zielt auf drei Hebel ab:
- Rekombination senken (weniger „verlorene“ Ladungen an Oberflächen und Kontakten → höhere Leerlaufspannung VOC).
- Lichtverluste minimieren (weniger Abschattung vorne → höherer Kurzschlussstrom JSC).
- Widerstände reduzieren (bessere Kontakte und Leitwege → höherer Füllfaktor FF und damit mehr Leistung).
PV-Module und Solarzellen – Was die großen Zellfamilien unterscheidet
PERC (Passivated Emitter and Rear Cell)
Die ausgereifte, preiswerte Arbeitstechnik. Vorn liegt ein dünn diffundierter Bereich (der Emitter), hinten ist die Zelle passiviert und nur punktuell kontaktiert. Das reduziert Verluste auf der Rückseite, vorne bleibt jedoch ein Metallgitter, das etwas Licht wegnimmt. PERC ist solide, wird aber zunehmend von n-Typ-Konzepten mit besseren Spannungen und geringeren Verlusten abgelöst.
TOPCon (Tunnel Oxide Passivated Contact)
Hier helfen selektive Kontakte: eine ultradünne Oxidschicht (SiOₓ) und stark dotiertes Polysilizium wirken wie Einbahnfilter. Sie lassen bevorzugt Elektronen (oder Löcher) durch und blockieren Rekombination genau dort, wo sie früher am größten war – am Kontakt. Ergebnis: hohe VOC, guter FF, sehr gute Serien-Effizienzen. TOPCon ist 2025 der industrielle Standard im n-Typ-Silizium.
HJT / SHJ (Heterojunction Technology / Silicon Heterojunction)
Statt nur im selben Material zu arbeiten, kombiniert HJT dünne amorphe Schichten (a-Si:H) mit kristallinem Silizium (c-Si). Der pn-Übergang liegt also an einer Materialgrenze. Eine dünne, intrinsische Zwischenschicht beruhigt die Oberfläche extrem gut – Rekombination sinkt, VOCsteigt. Als Vorderkontakt dient ein TCO (Transparent Conductive Oxide, z. B. ITO). HJT punktet bei Schwachlicht und hohen Temperaturen, erfordert aber spezielle Prozesse.
Back-Contact-Familie (xBC: IBC, ABC, HPBC, HBC)
Bei Back-Contact-Zellen liegt die gesamte Metallisierung hinten. Die Vorderseite ist glatt und schattet nicht ab – das bringt mehr Licht ins Silizium und sieht sehr homogen aus.
- IBC (Interdigitated Back Contact): Selektivität entsteht klassisch über diffundierte p⁺/n⁺-Finger auf der Rückseite.
- ABC/HPBC: Setzen auf passivierte, selektive Kontakt-Stacks à la TOPCon – nur eben hinten.
- HBC (HJT-Back-Contact): Verbindet HJT-Stacks mit rückseitigem Kontaktlayout – sehr starke Passivierung plus frontfreie Optik. Back-Contact liefert Premium-Wirkungsgrade und Optik, verlangt aber feine Rückseitenmusterung.
Perowskit-Silizium-Tandem
Zwei Zellen in Serie teilen das Sonnenlicht „spektral“ auf: oben Perowskit für kurzwelligeres Licht, unten c-Si für den Rest. So nutzt man das Spektrum effizienter als mit nur einer Siliziumzelle. Erste Produkte zeigen ~25–26 % Modulwirkungsgrad unter STC; Dauerhaltbarkeit und Großserien-Skalierung sind das zentrale Thema.
Technologie | Selektivität / pn-Prinzip | Kontaktidee | Stärken im Alltag | Mögliche Trade-offs |
|---|---|---|---|---|
PERC | Homojunktion (diffundierter Emitter)
| Rückseite passiviert, lokale Kontaktöffnungen
| Günstig, etabliert, breite Verfügbarkeit
| Frontabschattung bleibt; n-Typ-Nachfolger meist effizienter
|
TOPCon | Selektive Tunnelkontakte
| Ultradünne SiOₓ-Barriere + hochdotiertes Poly-Si
| Sehr niedrige Kontakt-Rekombination, hoher FF, starke Serien-Effizienz
| Prozessfenster (Oxid/Poly) eng, Layoutdetails relevant
|
HJT/SHJ | Heterojunktion (a-Si:H auf c-Si, p/i/n-Stacks)
| Transparenter leitfähiger Oxidkontakt (TCO, z. B. ITO) + Metallisierung
| Sehr hohe VOC, gutes Schwachlicht- /Temperaturverhalten, hohe Bifazialität
| Spezielle Prozesskette, TCO/Metallisierung, (noch) kostenintensiv
|
IBC (xBC)
| Back-Junction, lateral selektiv (interdigitierte p⁺/n⁺-Zonen)
| Diffundierte Finger auf der Rückseite
| Keine Frontschatten, ruhige Optik
| Komplexe Rückseitenmusterung, eingeschränkte Bifazialität
|
ABC/HPBC (xBC)
| Selektive Kontakte auf der Rückseite (homojunktionsbasiert)
| „TOPCon-artige“ selektive Kontakt-Stacks hinten
| Premium-Effizienz + frontfreie Optik
| Prozess- & Layout-Komplexität, feines Patterning nötig
|
HBC (HJT-Back-Contact)
| Heterojunktion plus Back-Contact-Layout
| HJT-p/i/n-Stacks; beide Polaritäten interdigitert nur hinten kontaktiert; Front ohne Gitter
| Sehr hohes Potenzial bei VOCund Lichtausbeute; Optik „clean“
| Industrieumsetzung noch jung; komplexe Rückseitenkontaktierung
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Perowskit-Si-Tandem
| Zwei pn-Übergänge in Serie (Perowskit oben, c-Si unten)
| Rekombinationsschicht koppelt die Teilzellen; transparente/selektive Kontakte je Subzelle
| Deutlich höherer Flächenertrag möglich
| Langzeitstabilität & Skalierung noch im Fokus, noch keine Serienreife
|
Hinweise zu Formeln/Abkürzungen:
- VOC(Leerlaufspannung) steigt, wenn Oberflächen und Kontakte weniger Ladung „verlieren“ (geringere Rekombination).
- JSC(Kurzschlussstromdichte) steigt mit besserer Lichteinkopplung und geringerer Frontabschattung.
- FF (Fill Factor) verbessert sich mit niedrigen Widerständen an Kontakten und in Leitwegen.
Wie gut sind die Technologien heute? (Solarmodul-Effizienz unter STC)
STC (Standard Test Conditions): 1000 W/m², 25 °C Zelltemperatur, AM1.5. Serien-Spannen sind typische Marktfenster; Rekorde sind verifizierte Einzelwerte, nicht automatisch Serien-Realität.
Technologie | Übliche Serie (PV-Modul, STC) | Verifizierte Spitzen |
|---|---|---|
PERC (p-Typ) | ca. 20–22.5 %
| ~23 % gemeldet
|
TOPCon (n-Typ)
| ca. 22.0–23.2 %
| bis ~25.4 % (Varianten wie HPBC)
|
HJT/SHJ
| ca. 22–23+ %
| bis ~25.4 %
|
IBC (klassisch)
| ca. 21.5–22.8 %
| ~22–23 % in Serie
|
ABC (AIKO)
| ca. 23.0–24.0 %
| ~24.4–24.6 % in Serie
|
HPBC
| ca. 24–24.8 %
| ~25.4 %
|
HBC (HJT-Back-Contact)
| ~24 % (Pilot/Pre-Serie)
| Zell-R&D > 27 %
|
Perowskit-Si-Tandem
| ~25–26 % (erste Produkte)
| bis ~26.9 % gemeldet
|
Bifaziale Module: doppelte aktive Fläche, richtig geplant
Bifaziale Solarmodule erzeugen Strom auf Vorder- und Rückseite. Entscheidend ist der Bifaciality-Faktor (Richtwert in %): Er beschreibt, wie leistungsfähig die Rückseite im Vergleich zur Vorderseite ist. Typisch sind etwa ~70 % bei PERC, ~75–85 % bei TOPCon, ~85–95 % bei HJT.
Was am Ende zählt, ist der Mehrertrag im Feld. Er hängt stark vom Systemdesign ab: Albedo (Helligkeit des Untergrunds), Bauhöhe, Reihenabstand, Neigung, eventuelle Verschattung durch Klemmen und Kabel. In der Praxis sind +5 bis 15 % realistisch; mit sehr hellem Untergrund auch mehr.
Bifaziale Solarmodule – Effizienzen (Richtwerte)
Zellfamilie | Bifazial verfügbar? | Typische Bifaciality | Kurzkommentar |
|---|---|---|---|
PERC | Ja (Dual-Glass)
| ~70 %
| solider Einstieg in bifazial
|
TOPCon
| Ja (Standard)
| ~75–85 %
| verbreitet in Gewerbe/Utility
|
HJT/SHJ
| Ja (Standard)
| ~85–95 %
| sehr hohe Rückseiten-Empfindlichkeit
|
IBC (klassisch)
| teils
| < ~60 %
| viel Metall hinten begrenzt Rückseite
|
ABC (xBC)
| Ja (Dual-Glass möglich)
| bis ~70 %
| frontfrei + gute Rückseite
|
HBC (HJT-Back-Contact)
| Pilot/Pre-Serie
| hoch zu erwarten
| HJT-Passivierung + frontfrei
|
Welche Technik passt zu welchem Einsatz?
Privates Dach (begrenzte Fläche, Optik spielt eine Rolle):
TOPCon bietet ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und hohe Verfügbarkeit. Wer maximale Leistung pro Quadratmeter und eine homogene, gitterfreie Optik wünscht, schaut auf Back-Contact-Varianten wie ABC/HPBC. HJT ist interessant, wenn Sommerhitze und Schwachlicht besonders gut bedient werden sollen.
Gewerbe & Industrie (Ertrag und Stromgestehungskosten LCOE im Fokus):
TOPCon bifazial ist häufig der pragmatische Standard. HJT punktet bei hohen VOCund sehr guter Bifazialität – sinnvoll, wenn helle Untergründe, größere Bauhöhen oder Tracker geplant sind.
Blick nach vorn:
Kombinationen aus Heterojunction (HJT) und Back-Contact Solarzellen sowie Perowskit-Silizium-Tandems bringen den nächsten Effizienzschub. Für große Flächen und Projekte in den nächsten Jahren lohnt es sich, diese Entwicklung zu verfolgen – insbesondere, wenn Lieferkette und Langzeitdaten (u.a. Qualitätsdaten) weiter reifen.
Kurzfazit
- Der pn-Übergang ist das Herz jeder Zelle. Wer Rekombination senkt, Lichtverluste verringert und Widerstände minimiert, gewinnt messbar an VOC, JSCund FF – und damit an Modulleistung.
- TOPCon hat sich als neuer Standard etabliert, HJT und Back-Contact liefern Premium-Eigenschaften, Tandems öffnen die nächste Effizienzstufe.
- Bifaziale Module lohnen sich, wenn die Anlagenauslegung stimmt. Planung schlägt Datenblatt.
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